True-RMS-Wechselspannungsmessungen (2024)

Auf True RMS ansprechende Multimeter wie die Agilent Truevolt Series Modelle messen das Heizpotential der angelegten Spannung. Die Verlustspannung in einem Widerstandskörper ist proportional zum Quadrat der angelegten Spannung, unabhängig von der Wellenform des Signals. Dieses Multimeter ist so lange in der Lage, den tatsächlichen Spannungs- bzw. Stromeffektivwert (True RMS-Wert) exakt zu ermitteln, wie der Energieanteil der Wellenform oberhalb der Nutzbandbreite des Geräts zu vernachlässigen ist.

Dabei wenden die Agilent Truevolt Series Modelle zur Messung der tatsächlichen Effektivspannung und des tatsächlichen Effektivstroms die gleiche Technik an. Die AC-Spannungs-Nutzbandbreite beträgt 300 kHz, die AC-Strom-Nutzbandbreite 10 kHz.

True-RMS-Wechselspannungsmessungen (1)

Die Wechselspannungs- und Wechselstromfunktionen (AC-Funktionen) des DMM messen den AC-gekoppelten True-RMS-Wert. Bei diesem DMM wird nur der „Heizpotenzialwert“ der AC-Komponenten des Eingangssignals gemessen (die DC-Komponenten werden unterdrückt). Wie Sie der Abbildung oben entnehmen können, sind bei Sinus-, Dreiecks- und Rechtecksignalen die AC-gekoppelten und AC+DC-Werte gleich, da diese Signalformen keinen DC-Offset enthalten. Bei nicht-symmetrischen Wellenformen wie etwa Impulszügen gibt es jedoch einen Gleichspannungsanteil (DC Volts), der von der AC-gekoppelten True-RMS-Messtechnik unterdrückt wird. Diese Technik kann entscheidende Vorteile bieten.

Die Möglichkeit, eine AC-gekoppelte True RMS-Messung durchzuführen, sollte genutzt werden, wenn kleine AC-Signale in Gegenwart großer DC-Offsets zu messen sind, beispielsweise beim Messen der in Gleichstromnetzteilen auftretenden AC-Welligkeit. Es gibt allerdings Fälle, in denen der tatsächliche AC+DC-Effektivwert (True RMS-Wert) zu ermitteln ist. Diesen Wert können Sie bestimmen, indem Sie die Ergebnisse der DC- und der AC-Messungen wie unten dargestellt zusammenführen:

True-RMS-Wechselspannungsmessungen (2)

Für eine optimale AC-Rauschunterdrückung sollten Sie die DC-Messung mit einer Integrationszeit von mindestens 10 Netzzyklen (PLCs) ausführen.

Genauigkeit des True RMS-Werts und Hochfrequenzgehalt von Signalen

Eine häufige Fehlannahme lautet: Da ein AC-Multimeter für True RMS-Messungen vorgesehen ist, gelten seine Spezifikationen bzgl. der Sinuswellengenauigkeit für alle Signalformen. Tatsächlich kann die Form des Eingangssignals die Messgenauigkeit aller Multimeter erheblich beeinträchtigen, besonders, wenn dieses Eingangssignal Hochfrequenzkomponenten enthält, die jenseits der Bandbreite des Geräts liegen.

Dies soll hier am Beispiel von Impulszügen verdeutlicht werden, die zu den schwierigsten Signalen für Multimeter gehören. Die Pulsbreite dieses Signals bestimmt seinen Hochfrequenz-Gehalt maßgeblich. Das Frequenzspektrum eines einzelnen Impulses wird durch sein Fourier-Integral bestimmt. Das Frequenzspektrum des Impulszugs entspricht der Fourier-Serie, die das Fourier-Integral bei Vielfachen der Wiederholungsfrequenz (prf) des Eingangsimpulses abtastet.

Die nachstehende Abbildung zeigt das Fourier-Integral von zwei sehr unterschiedlichen Impulsen: einem mit großer Pulsbreite (200 µs), und einem mit kleiner Pulsbreite (6,7 µs). Die Bandbreite des ACV-Pfads im DMM beträgt 300 kHZ; daher wird ein Frequenz-Gehalt über 300 kHz nicht gemessen.

Beachten Sie, dass das sin(πfT)/πfT Spektrum des schmales Impulses die effektive Bandbreite des Geräts deutlich überschreitet. Das Nettoergebnis ist eine weniger genaue Messung des schmalen HF-Impulses.

Im Gegensatz dazu ist das Frequenzspektrum des breiten Impulses deutlich unter die Bandbreite des Multimeters abgefallen, die (ungefähr) 300 kHz entspricht. Daher sind Messungen dieses Impulses präziser.

Eine prf-Reduzierung erhöht die Liniendichte im Fourier-Spektrum. Dadurch erhöht sich der Spektralenergieanteil des Eingangssignals an der Multimeterbandbreite und somit die Präzision.

Zusammenfassend entstehen Fehler bei rms-Messungen, wenn eine signifikante Eingangssignalenergie bei Frequenzen jenseits der Bandbreite des Multimeters vorliegt.

True-RMS-Wechselspannungsmessungen (3)

Hochfrequenzbedingte (bandexterne) Fehler einschätzen

Ein gängiger Parameter zur Beschreibung einer Signalform ist die Angabe ihres "Scheitelfaktors" (engl. crest factor, CF). Der Scheitelfaktor ist der Quotient aus dem Spitzenwertes und dem Effektivwert (RMS-Wert) eines Signals. So entspricht beispielsweise der Scheitelfaktor eines Impulszugs ungefähr der Quadratwurzel des Kehrwerts des Tastverhältnisses.

True-RMS-Wechselspannungsmessungen (4)

Beachten Sie: Der Scheitelfaktor ist ein zusammengesetzter, von der Pulsbreite und der Folgefrequenz abhängiger Parameter. Der Scheitelfaktor allein ist für die Beschreibung des Frequenzgehalts eines Signals nicht ausreichend.

Für gewöhnlich umfassen DMMs eine Tabelle für die Scheitelfaktorreduzierung, die bei allen Frequenzen anwendbar ist. Der von Truevolt Series DMMs angewendete Messalgorithmus ist nicht inhärent empfindlich für Scheitelfaktoren, weshalb eine solche Reduzierung (Derating) nicht erforderlich ist. Bei diesem Multimeter liegt, wie im vorhergehenden Abschnitt erläutert, der Schwerpunkt auf der Einschätzung des Hochfrequenzgehalts eines Signals, der sich oberhalb der Bandbreite des Multimeters bewegt.

Bei periodischen Signalen kann die Kombination von Scheitelfaktor und Folgefrequenz Hinweise auf den Hochfrequenzgehalt und den damit einhergehenden Messfehler geben. Der erste Nulldurchgang eines einfachen Impulses erfolgt bei f1 = 1/tp.

Indem Sie diesen Nulldurchgang als Funktion des Scheitelfaktors bestimmen, können Sie sich sofort eine Vorstellung von der Größenordnung des Hochfrequenzgehalts machen: f1=(CF2)(prf).

Die folgende Tabelle zeigt typische Fehl er bei verschiedenen Impulsformen als Funktion der Eingangsimpulsfrequenz:

Fehler bei Rechteck-/Dreieckswellen und Impulszügen für CF=3, 5 oder 10
prf Rechteck Dreieck CF=3 CF=5 CF=10
200 -0.02% 0.00% -0.04% -0.09% -0.34%
1000 -0.07% 0.00% -0.18% -0.44% -1.71%
2000 -0.14% 0.00% -0.34% -0.88% -3.52%
5000 -0.34% 0.00% -0.84% -2.29% -8.34%
10000 -0.68% 0.00% -1.75% -4.94% -26.00%
20000 -1.28% 0.00% -3.07% -8.20% -45.70%
50000 -3.41% -0.04% -6.75% -32.0% -65.30%
100000 -5.10% -0.12% -21.8% -50.6% -75.40%

In dieser Tabelle ist für jede Signalform ein zusätzlicher Fehler angegeben, der zu dem betreffenden Wert zu addieren ist, den Sie der Tabelle zur Genauigkeit im Kapitel über Spezifikationen entnehmen können.

Die Spezifikationen gelten für CF ≤ 10, vorausgesetzt, die Signalenergie über einer Bandbreite von 300 kHz (Spannung) oder 10 kH (Strom) ist zu vernachlässigen. Nicht angegeben ist die Multimeterleistung für den CF > 10 oder bei signifikanten bandexternen Frequenzgehalten.

Beispiel

Ein Impulszug mit einem Vrms der Stufe 1 wird im 1-V-Bereich gemessen. Er hat Pulshöhen von 3 V (d.h. den Scheitelfaktor 3 ) und eine Dauer von 111 µs. Die IFF (engl. prf) berechnet sich wie folgt zu 1000 Hz:

True-RMS-Wechselspannungsmessungen (5)

Daraus ergibt sich mit den Angaben aus obiger Tabelle: Dieses AC-Signal kann mit einem zusätzlichen Fehler von 0,18 % gemessen werden.

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